Deutsche und französische Kultur im Elsass/026

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Deutsche und französische Kultur im Elsass
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Kultur elsass.djvu
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Welche lange Reihe grosser Namen glänzen aus dem Mittelalter und der Reformationszeit herüber, wie sind alle grossen Geistesbewegungen des Mittelalters und der neueren Zeiten, die Kunst der Minnesänger, der Humanismus, die Reformation und ihre Vorläufer mit dem Namen grosser Elsässer verknüpft. Noch im 18. Jahrhundert wirkten zahlreiche bedeutende Gelehrte elsässischer Herkunft an der Strassburger Universität, im 19. Jahrhundert verschwinden an der neuen Akademie die Eingeborenen hinter glänzenden französischen Namen. Noch in der Revolution treten elsässische Politiker wie Pfeffel, Koch und Rewbell hervor. Im 19. Jahrhundert genügen einzelne Theologen wie Reuss, oder Naturforscher wie Hirn oder Würtz nicht, den wissenschaftlichen Ruhm des Elsasses aufrecht zu erhalten. Die Staatsmänner fehlen völlig, unter den Dichtern ist es nur Erckmann, der diesen Namen wirklich verdient.

Der Stolz des Elsasses sind jetzt seine Soldaten und Geschäftsleute. Unter diesen haben einzelne, wie Humann, Hartmann und Andreas und Nikolaus Köchlin, auch politische Bedeutung erlangt. Aber ihre politische Bedeutung beruht völlig auf ihrer wirtschaftlich hervorragenden Stellung. Sie sind soziale Mächte im politischen Leben oder Finanzkenner, nicht aber Politiker im Allgemeinen kraft persönlicher staatsmännischer Veranlagung. Am schärfsten aber trat die niedere geistige Kultur der Elsässer in dem Bildungsmangel der mittleren und niederen Volksklassen hervor. Der weitaus grösste Teil der elsässischen Bevölkerung war insofern ungebildet, als er eine weitgehende Teilnahmlosigkeit allen geistigen Bewegungen gegenüber zeigte, mochten diese nun vom französischen oder vom deutschen Geistesleben ausgehen. Eine Ausnahme von dieser Regel machten nur die eigentlichen Gelehrtenkreise, ferner die Theologen beider Konfessionen und einzelne Notabeln. Auch bei den protestantischen Grossbauern des Unterelsasses zeigte sich von jeher ein gewisser Bildungstrieb. Im Übrigen aber blieb der Elsässer, besonders der städtische Kleinbürger, unangekränkelt von des Gedankens Blässe, in einem Geisteszustand befangen, wie wir uns den süddeutschen Stadtbürger im Mittelalter vorzustellen gewohnt sind.

Wie erklärt sich nun diese eigenartige Erscheinung? — Zunächst muss daran erinnert werden, dass eine gewisse geistige Öde vermöge der in Frankreich herrschenden Bildungsvermittlung das Kennzeichen und den Normalzustand der französischen Provinz bildet. Das Elsass trägt eben auch in geistiger Beziehung die Züge der französischen Kultur. Aber das Volk der französischen Provinz besteht eben doch aus Franzosen, die von Paris ausstrahlende Geistesbildung ist ihm


Bildunterschrift:
BAUERN AUS DER UMGEGEND VON WEISSENBURG.
Cliché v. Frl. Alsa Schuler.