Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/175
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die Usurpation der Gemeindewaldungen durch die Gerichtsherren waren schon am Ende des 16. und zu Anfang des 17. Jahrhunderts in langwierigen Prozessen untersucht nnd schließlich durch genaue Feststellung und Kodifizierung der gegenseitigen Rechte und Pflichten aus der Welt geschafft worden ^. Der Umstand, daß die Gerichtsunterthanen sehr häufig Eigentümer ihrer Bauerngüter waren oder als Meier einen von dem Gerichtsherrn verschiedenen Grundherrn hatten, zeigte sich auch hier als ein bedeutendes Hindernis für die Ausdehnung, bezw. den Mißbrauch der gerichtsherrlichen Gerechtsame^.
Im 18. Jahrhundert waren die geschlossenen adeligen Gerichte Selbstverwaltungskörper, die, obwohl unabhängig von den Ämtern, doch in der Hauptsache ganz so wie die Ämter selbst oder die ungeschlossenen Gerichte ihre öffentlichen Befugnisse und die gerichtsherrliche Vermögensverwaltung ausübten.
So war denn das Amt die typische und wichtigste Form der Verwaltungs- und Genchtsorganisation des platten Landes in Niedersachsen. Die Umtsverfassung ließ patrimoniale Lokalbehörden nur in sehr beschränktem Maße zu, suchte ihre Befugnisse überall zu beschränken und ihre Thätigkeit unter die Aufsicht der Ämter zu stellen. Nur in verhältnismäßig wenigen Fällen konnten sich daher die adeligen Gerichte zu den Ämtern gleichberechtigten Lokalbehörden ausbilden.
Allerdings trug die Amtsverwaltung selbst viele patrimoniale Züge. Die Verbindung von Verwaltung und Rechtspflege mit der Verwaltung des Domanialvermögens ging häufig soweit, daß in dem privaten Besitztitel (Grundherrschaft) der Rechtsgrund für die Ausübung der beiden öffentlichen Befugnisse gefunden wurde. Aber diese Züge waren trotz ihrer Häufigkeit Anomalien, Auswüchse. Die Grundlage der niedersächsischen Amtsverfassung war, obwohl stark von patrimonialen Gebilden über- und durchwachsen, eine öffentlichrechtliche. Diese Grundlage war die alte Gohgerichtsbarkeit^, Das Gohgericht bildete das wichtigste öffentliche Gericht Niedersachsens im
1 Vgl. S. 174 Anm. 3.
2 Vgl. z. B. die Geschichte des Dorfes Heinde bei Lüntzel, Lasten, Anhang.
5 Vgl. hierüber und über das im folgenden Gesagte Stüue, Gohgerichte, S. 1—78, bes. S. 6. — u. Hammerstein-Loxten, Der Bardengau 1869. — von Hammerstein, Die ältesten Gerichte im Stifte Verven in Zeitschrift d. hist. V. f. N.-S. 1854, S. 60 ff. — Oppermann, Deutsches Gerichtsverfahren im Mittelalter in Reyscher und Wilda, Zeitschrift für deutsches Necht XI 1, S. 56 ff. — Lüntzel, Die altere Diöcese Hildesheim. Hildesheim 1837.