Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/457

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Aufgabe, die Geschichte diefer Grundherrfchaft zu untersuchen. Um diesen Zweck zu erreichen, erschien es am besten, der Geschichte der Form der Grundherrschaft, d. h. ihrer Rechtsgefchichte, nachzugehen, Nie weitaus wichtigste Form der Grundherrschaft im 18. Jahrhundert war das Meierrecht. Wir mußten also die Gefchichte des Meierrechts kennen lernen, um einen Begriff von der Entwicklung der Grundherrschaft zu erhalten.

Wir fanden nun, daß es eine Zeit gab, in der das Meierrecht als bäuerliches Besitzrecht noch nicht bestand. Diese Epoche, das 11. und 12. Jahrhundert, mußte den Ausgangspunkt unserer Unter-fuchungen bilden. Es galt zunächst, die damals in unserem Untersuchungsgebiet bestehende ländliche Verfassung, besonders die bäuerlichen Abhängigkeitsverhältnisse, kennen zu lernen.

Diese ländliche Verfassung charakterisierte sich durch das Bestehen der Villikation. Die Villikation war eine Herrschaft über Menschen und Land. Diese Herrschaft war aber nicht unbeschränkt und willkürlich, sondern sie wurde nach einer überall gleichartigen Verfassung, dem Hofrecht oder der Villikationsverfassung, ausgeübt. Kraft dieser Verfassung hatten die der Herrschaft unterworfenen Menschen, die Laten, bestimmte Pflichten und bestimmte Rechte. Sie waren dauernd oder vorübergehend ^ledas aäsoripti, mußten (persönlich) dem Herrn Dienste und Abgaben leisten und bei ihrem Tod fiel ihr Mobiliarvermögen ganz oder zum Teil an den Herrn. Dafür aber hatten sie ein erbliches, dingliches Nesitzrecht an Teilen des Villikationsgebietes, den Lathufen, gegen Leistung bestimmter, kraft des Hofrechts nicht erhöhbarer Abgaben und Dienste. Die Villikation wurde von einem Haupthof aus durch einen Beamten des Herrn verwaltet, der außerdem auf dem Haupthof eine kleine Wirtschaft für Rechnung des Herrn betrieb. Dieser Beamte hieß viUions, auf Deutsch Meier.

Die Änderung dieser allgemein bestehenden Verfassung begann damit, daß die Herren den Verwaltungsauftrag des Villikus hinsichtlich der Villikation in eine Zeitpacht verwandelten. Dann aber lösten sie die Villikationsverfassung selbst auf. Sie ließen die Laten frei, durch welche Maßregel das Besitzrecht' derselben an den Lathufen hinfällig wurde. Diese Lathufen wurden nun von den Herren zu größeren Gütern zusammengeschlagen und dann zu dem neu ent-standenen Meierrecht, d. h. einer Zeitpacht gegen hohe GetreideWcht, an die frei gewordenen Laten, die freien Landsassen, wieder ausgethan.