Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 130

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Herrn schlossen sich zu Genossenschaften zusammen, bekamen als solche allerlei Privilegien, blieben aber hörig.

Aber mit der Pflicht zum Waffendienst mußte ihnen das ritterliche Leben erlaubt und die ritterliche Ehre zugestanden werden. Der Ministeriale war also ein unfreier Ritter, der edle oder freie Lehnsmann ein freier Ritter. Die wirtschaftliche Voraussetzung zum Ritterstand war eine zum ritterlichen Leben hinreichende Grundherrschaft. Ja seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts sehen wir in Westfalen, etwas später in Ostfalen, die edlen bezw. freien Ritter die mit ihren freien Lehen das ritterliche Leben nicht mehr bestreiten konnten, massenhaft in die unfreie Dienstmannschaft der weltlichen Großen und der Kirchen eintreten, um auf diesem Weg Vermehrung ihrer Einkünfte durch Dienstlehen zu erhalten. Um Ritter bleiben oder werden zu können, hatte der nobilis sich zum Mann seines Standesgenossen oder einer Kirche gemacht.


Nach diesen, zum Verständnis des Folgenden notwendigen Bemerkungen können wir uns der Untersuchung der sächsischen Stände im 11. und 12. Jahrhundert wieder zuwenden. Um einen klaren Begriff von dieser Ständegliederung zu bekommen, betrachtet man am besten die in den Urkunden vorkommenden Bezeichnungen der Stände, besonders die Zeugenreihen am Schluß der Urkunden.

Zunächst bemerken wir, daß die uns geläufigen Bezeichnungen nobiles und liberi ihre Bedeutung verändert haben. Liber bedeutet nicht mehr so viel wie Freigelassener, sondern unter liberi versteht man sämtliche vollfreie Leute,[1] also die nobiles im alten Sinn des Wortes (Edelinge). Unter nobiles begreift man jetzt eine besonders hervorragende Klasse innerhalb des Standes der liberi (vollfreien Leute), deren Merkmale später bezeichnet werden sollen.[1] Aber auch die Angehörigen dieser hervorragenden Klasse innerhalb des Standes der vollfreien Leute werden noch sehr oft liberi genannt.[1]

Die veränderte Bedeutung des Wortes liberi erklärt sich aus der Annahme, daß die liberi in der Bedeutung von Freigelassenen, die Frilinge, im Laufe des 10. Jahrhunderts verschwunden sind. Liberi in der altsächsischen Bedeutung des Wortes gab es im 11. Jahrhundert nicht mehr. Freilassungen fanden in dieser Epoche zu selten statt, als daß sich eine eigene Klasse von Freigelassenen hätte bilden können. Es gab also in der Hauptsache nur Vollfreie und Hörige, und für die Gesamtheit dieser Vollfreien im Gegensatz zu den Hörigen wurde die Bezeichnung liberi üblich.

Diese vollfreien Leute, die Nachkommen der altsächsischen Edelinge, die Angehörigen der alten Volksgeschlechter, haben sämtlich Grundeigentum[2] und bleiben, außer wenn sie freiwillig in die Ministerialität eintreten, von jeder privatrechtlichen Abhängigkeit frei. Es scheint, daß sie


  1. 1,0 1,1 1,2 Vgl. Ficker, Vom Heerschild, S.166-173. — v. Zallinger, Die Schöffenbarfreien des Sachsenspiegels, 1887, S.20-24, 253-259.
  2. Vgl. über Grundeigentum und Lehnsfähigkeit der Vollfreien den Gottesfrieden von 1083. — Erhard, Cod. dipl. Westfal. I. Nr.163 (a. 1083). — Mon. Germ. Tom. II, S.54-58 (Synodus Moguntina). Der Gottesfriede von Köln beruht auf Paderborner Überlieferung. Vgl. Osnabrücker Urkundenbuch I, Nr.199 (a. 1083). Das iuramentum des Gottesfriedens von Köln scheint nach 1085 abgefaßt zu sein; Vgl. Eggert, Studien zur Geschichte der Landfrieden, Göttingen 1875 S.17. — Über die Ebenbürtigkeit vgl. Scheidt, Vom Adel, S.173. Eine Frau nobilis prosopiae heißt compar ihres Mannes, dessen Vater ein ingenuus war.