Die Kirchenbücher in Baden (1957)/2

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Die Kirchenbücher in Baden (1957)
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      In Speyer ordnete 1474 Bischof Matthias für die Stadt Speyer an, daß zur Kontrolle der Erfüllung der Osterpflicht und der Berechtigung des kirchlichen Begräbnisses die Pfarrer alphabetisch geordnete Register ihrer Pfarrkinder anlegen und künftig neuhinzukommende und abgehende eintragen sollten. 1501 wird in Augsburg ein Taufbuch erwähnt, 1504 empfahl in Straßburg der Pfarrer Johann Hugonis jedem Pfarrer die Führung von vier Matrikeln, der Taufen, Begräbnisse, Trauungen und der ausgeliehenen Kirchengelder. Erhalten ist kein solches Buch.

      Das älteste erhaltene kirchliche Standesbuch nördlich der Alpen ist das vielgerühmte Taufbuch von St Theodor in Basel von 1490–1497, das auch Eheverkündbuch war und ein Verzeichnis der Exkommunizierten enthält. Es ist heute im Britischen Museum in London. Sodann ist in Nürnberg ein Ehebuch von 1524–43 bei der Pfarrei St Sebald erhalten[1].

      In Frankreich sollen Taufregister 1406 im Bistum Nantes, 1504 im Bistum Angers eingeführt worden sein, das erste erhaltene französische Kirchenbuch ist aber erst das von St. Jean en Grève in Paris von 1515. Ihm folgen weitere Taufbücher, während Ehe- und Totenbücher erst später einsetzen. 1539 ordnete ein königliches Dekret überall Taufregister an. Im flämischen Tournai sollen schon 1481 durch eine Synode Taufregister angeordnet worden sein, die aber nicht erhalten sind. In Italien sind die ältesten erhaltenen Kirchenbücher ein Taufbuch von Ravenna von 1492 und drei Taufbücher im italienischen Teil von Tirol um 1500. In Spanien schrieb eine Synode von Toledo 1497, in Portugal eine Synode 1536 Taufbücher vor.

      Das späte Aufkommen kirchlicher Standesbücher hat bereits im 18. Jh. Verwunderung erregt, als man schon gewöhnt war, in ihnen eine unentbehrliche, ja selbstverständliche Einrichtung zu sehen, der sich schon auch allenthalben das staatliche Interesse zuwandte. Nichts schien näher zu liegen, als die Kirchenbücher nun auf eine Anordnung der an Zentralisation und Einheitlichkeit sonst so unübertroffenen katholischen Kirche zurückzuführen. Doch die geringe Zahl südlich der Alpen erhaltener Kirchenbücher und vor allem das vollständige Fehlen von Vorschriften für den Bereich der Gesamtkirche lassen mit einiger Sicherheit heute feststellen, daß kirchliche Standesaufzeichnungen als allgemeine kirchliche Einrichtung dem ausgehenden Mittelalter noch unbekannt waren[2]. Erst die gewaltige Umschichtung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Ende des Mittelalters und die Aufspaltung der über ein Jahrtausend unerschütterten religiösen Einheit des Abendlandes haben das Bedürfnis wachgerufen nach Aufzeichnung von Taufe und Eheschließung. In den Jahrhunderten rein bäuerlicher Bodenständigkeit reichte das Zeugnis der Sippe und Gemeinde über Geburt, Taufe und Zugehörigkeit zu einer Familie ohne größere Schwierigkeit aus. Seitdem sich jedoch die Städte entwickelten, denen in ihren Anfängen der Zuzug jeder Arbeitskraft willkommen war und die

  1. K. Schornbaum, Das älteste Ehebuch d. Pfarrei St Sebald-Nürnberg 1524–43, Nürnberg 1949.
  2. Ein Zeugnis dafür, daß die Kirchenbuchführung keine Einrichtung der alten Kirche war, dürfte auch deren Einführung in England bei Errichtung der Staatskirche 1538 sein (dort sollen aus dem 16. Jh. noch über 800 KB erhalten sein, z.T. gedruckt oder in Abschriften).