Herforder Chronik (1910)/503

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Herforder Chronik (1910)
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1811

Am 1. Januar lief die ganz unerwartete Nachricht ein, daß durch ein ergangenes Senatus consult in Paris festgesetzt worden, daß nach einer vorgeschriebenen Grenzlinie, alle die zwischen selbiger und den See-Küsten belegenen Länder mit dem Französischen Reiche vereinigt, und daraus drei neue Departements unter der Benennung der Hanseatischen Departements gebildet werden solten. Durch diese Bestimmung ging Osnabrück und Minden zur französischen Hoheit über, und mit diesen Städten, der bei weitem größte Theil des bisherigen Weser-Departements für das Königreich Westphalen verlohren. Es wurden die abgerissenen Länder durch französische Behörden sofort in Besitz und Administration genommen, die genaue Bestimmung der Grenze aber einer deshalb anzuordnenden Grenz-Regulirungs-Commission vorbehalten, vorläufig aber die zunächst liegenden Städte Enger und Bünde, als dem Französischen Reiche einverleibt behandelt, welches denn schon zu der leidigen Besorgnis Veranlassung gab, daß die neue Grenze nicht weit von hiesiger Stadt entfernt bleiben würde. Inzwischen tröstete man sich damit, daß, als natürliche Grenze von dem in dem Französischen Senatus consult bestimmten Punct, vom Ausfluß der Werre in die Weser die Werre bis zum Ausfluß der Else in selbige und von hier den Else-Fluß und so weiter hinnauf die dort vorhandenen kleinen Flüsse bis an die Ems würden angenommen, und solchergestalt der hiesigen Stadt von deren bisherigen Umgebungen etwas Bedeutendes nicht werde entrissen werden. Welche unangenehme Sensation machte es aber, als

am 2. Märtz durch die Unterpräfectur die Nachricht einging, daß in wenigen Tagen die Grenz-Regulirungs-Commission, bestehend aus dem Französischen Directions-General Compans und dem Westphälischen Staatsrath Malchus, mit einem starcken Personal von Genie-Officiers und Civil-Beamten hieselbst eintreffen, und die bereits auf frühere Ordre angefertigten Grenz-Pfähle an die verabredeten Grenz-Puncte einsenken lassen werde, besonders da aus der desfalsigen Verfügung zu entnehmen war, daß von der Weser, die Werre bis unterhalb hiesiger Stadt, da wo sich selbige mit der Ahe vereinigt, und von hier die Ahe bis unterhalb Milse, und von hier, der sich in selbige ergießende Schwarzbach bei Schildesche vorbei, über Werther, Halle der Ems zu die neue Grenze ausmachen solle, und es bei dieser Bestimmung zweifelhaft schien, ob nicht den durch die Stadt führenden Ahefluß verfolgend, die Grenze durch die Stadt gelegt, und dadurch die Radewig von den übrigen Theilen der Stadt werde getrennt werden. Sonderbar genug war es, daß einige Bewohner der Radewig, die besorgt waren, daß durch die erfolgende Abscheidung des gesamten Kirchspiels Herford aller Verkehr mit den Eingesessenen derselben aufhören werde, nicht undeutlich zu erkennen gaben, daß von ihnen die Vereinigung mit dem Französischen Reiche, und also die Regulirung der Grenze in den zuletzt erwähnten Reiche gewünscht werde.