Herforder Chronik (1910)/559
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Auf der neuen Stadt in S. Johannis Kirchspiel fordert die Not, daß da zwei Diener seien, es wird einem zuletzt zu schwer werden. Hier soll auch des Morgens an den Sonntagen gepredigt werden, und zu der Messe (Hauptgottesdienst) das tägliche Evangelium, in der Woche des Dienstags ein Stück aus einem Evangelisten oder einer Epistel aus St. Paulus, Petrus oder Johannes, nach Bestimmung des Superintendenten.
Wann aber Predigt im Münster oder zu S. Johannis statt hat, an heiligen oder Werktagen sollen keine Pfaffen ihre Horas singen oder lesen, in keiner Kirche, sondern sie sollen weichen, Predigten zu hören (d. i. Platz machen für diejenigen, welche gerne Predigten hören), denn das hindern etliche von ihnen gern, wie sie können. Dagegen ist geschrieben Sprüche Sal. 3: Verbiete niemand. Gutes zu tun, ausgenommen du kannst dasselbe auch. Und so wir wissen, daß das Evangelium ist eine Kraft Gottes zur Seligkeit allen denen, die da glauben Römer 1., und daß der Pfaffen Chorgesang, der aus Menschenköpfen gesponnen, ein unnützer und verlorener Gottesdienst ist Matthäi 15, und das wäre so zu deuten, daß solch Menschengesetz Gottes Kraft nicht weichen sollte (?). Es ist auch vonnöten und geziemlich, daß sie (die Pfaffen) sich enthalten und stille sind während der Predigt, sich aller Glocken, es sei für Tote oder nicht, enthalten, ebenso der Pauken und Trompeten, Pfeifen und dergleichen, die auf dem Kirchhofe oder sonst nahe bei der Kirche die Prediger oder Hörer stören möchten, wäre es auch göttlich und ehrlich. Falls keine dringliche Ratsangelegenheit vorliegt, soll man die Stunde (des Gottesdienstes) frei lassen, um niemand an dem Hören des Wortes Gottes zu hindern, solches behaget Gott wohl und er würde dazu seinen Segen geben, wie er sagt Matthaei 6: Trachtet zum ersten nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches (das ist Wohlfahrt in diesem Leben) zufallen. Hierin wird sich ein Ehrsamer Rat wohl zu schicken wissen.
Von der Beichte.
Es geziemt sich auch, daß die Diener, welche Gottes Wort offenbar vortragen, auch ihren Kirchspielsleuten Beichte hören und die Sakramente reichen, da ja die Sakramente anhängende Zeichen und Spiegel des Wortes sind. Auch ist nötig, daß man sich nicht davor zu fürchten brauche, daß andere Leute mit der Lehre nicht recht umgehen. In der heimlichen Beichte und in den letzten Nöten, es kostet so der Seelen Seligkeit, die Christus so teuer erkauft hat, soll niemand zum Sakrament gelassen werden, er hätte denn zuvor einem von den Predigern, dem das befohlen ist, Auskunft über seinen Glauben gegeben, auf daß nicht durch ihre Versäumnis jemand unwürdig und zu seinem Verderben hinzugehe, welches S. Paul den Christen ernstlich verbietet. Und 1. Corinth 4,2 fordert er über alle andere Gaben von den Dienern Treue, daß sie das Wort recht austeilen, und die Sakramente reichen denjenigen, welchen sie nach Gottes Ordnung zugehören. Wir wollen aber niemand nach der Weise der Papisten zur Aufzählung aller seiner Sünden und dgl. unchristliche Stücke, die der Schrift entgegen sind, drängen, sondern allein zur Ansagung und kurzem Bekenntnis seines Glaubens ermahnt haben, damit soviel es den Dienern möglich ist, Unehre und Mißbrauch des Sakraments, des Leibes und Blutes unsers Herrn Jesu Christi, und unordentlichem Zulaufen möge zuvorgekommen und verhindert werden und die Leute insonderheit durch das Wort getröstet werden. Auch sollen die Prediger das Volk ermahnen von der Kanzel, daß sie nicht mit ihren Kranken bis auf die letzte Stunde warten, sondern daß sie beizeiten zu dem