Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/044
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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie | |
Inhalt | |
Vorwort | Einleitung Erster Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Zweiter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Dritter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 • 5 • 6 | |
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des Kunstgriffs bediente vom Zeitbegriff sich ganz zu trennen, tritt die Unwahrheit ihres Systems zu Tage, denn eine Geschichte ohne Zeitmaß ist ein Roman. Nicht alle aber waren so ehrlich wie Thomas Morus, ihre utopistische Philosophie als einen bloßen Roman zu erklären. Die meisten halfen sich mit dem rein formalen Begriff des Fortschritts, welcher über den von der Geschichte unerbittlich geforderten Maßstab der Zeit glücklich hinwegtäuschen konnte.
Der Begriff des Fortschritts, als oberstes Prinzip der geschichtlichen Entwicklung, ist vermöge seiner unendlichen Bequemlichkeit eigentlich als der Bodensatz aller geschichtsphilosophischen Betrachtungen und Erörterungen anzusehen und zu erkennen. An diese Fortschrittsidee, die dem politischen und dem culturhistorischen Doctrinär gleich willkommen ist, hat sich in heutiger Zeit eine Art Religion gehängt, die dann alle, die sich mit geschichtlichen Dingen beschäftigen, jedes weiteren Nachdenkens zu entheben scheint. Durch den Gedanken an den ewigen Fortschritt ist der Historiker in die angenehme Lage versetzt, immer von einem Zusammenhang und vielleicht auch von einer Notwendigkeit des Laufes der Dinge zu sprechen, da überall wo etwas zu Grunde geht, irgendwo und irgendwie auch etwas neues entsteht oder geschieht und mithin der Fortschritt nachgewiesen zu sein scheint. Daß hiebei unvermerkt der Begriff der Bewegung mit der Vorstellung des Fortschritts verwechselt wird, bleibt unbeachtet. Indem man aber den Begriff einer Fortschrittsentwicklung eingeführt hat, während in Wahrheit nur von Ursachen und Wirkungen geredet werden dürfte, werden die Beobachtungen äußerlicher Thatsachen zu Aeußerungen von innerlich wirkenden Gesetzen umgewandelt, welche den Fortschritt hervorgebracht haben sollen. Ohne Zweifel ist es der Mensch, der den zweiräderigen Karren und auch den Eisenbahnwagen gemacht hat; wenn dieser so viel schneller läuft als jener, so ist dies ein Fortschritt des laufenden Gefährts; der Mensch, der darin sitzt, ist derselbe geblieben, und sein erfindungsreicher Sinn zeigt sich in gleicherweise in der uralten Herstellung des Rades, wie in der complicirten Maschine der Neuzeit. Wollte jemand im Ernste behaupten, daß Plato oder Dante geringere geistige Eigenschaften