Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/064
GenWiki - Digitale Bibliothek | |
---|---|
Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie | |
Inhalt | |
Vorwort | Einleitung Erster Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Zweiter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 Dritter Theil: Kap. 1 • 2 • 3 • 4 • 5 • 6 | |
<<<Vorherige Seite [063] |
Nächste Seite>>> [065] |
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien | |
Texterfassung: korrigiert | |
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
|
Quellen noch vieles nachzuholen sein wird. Indessen ist das Problem des sogenannten moralischen Fortschritts so sehr mit dem gesammten Gesellschaftszustand verknüpft, daß die Aufgabe der Genealogie in dieser Beziehung – da sie sich immer nur an den concreten Einzelfall halten kann – vielfach zurücktreten wird. Die Eigenschaften, die Gegenstand moralischer Bewertung sind, werden, wenn sie collektiv in ihren Wirkungen zusammengefaßt sind, dem Statistiker ein gewisses Bild der Zunahme oder Abnahme darbieten, aber seine Beobachtungen werden individuell genommen, nur dann für den genealogischen Fortschritt in Betracht kommen, wenn er jemals das Verschwinden gewisser Eigenschaften nachweisen könnte. Aber so lange die Qualitäten, mit denen die Moralstatistik zu thun hat, immer dieselben bleiben, kann es wol eine genealogische Vererbungsfrage in Bezug auf die individuellen Fälle, aber keine Fortschrittsfrage im allgemeinen geben, weil die Zunahme und Abnahme des Verbrechens überhaupt nicht den einzelnen charakterisirt, sondern nur den gesellschaftlichen Zustand im ganzen. Es ist daher von verschiedenen Seiten her oft behauptet worden, daß das Moralprinzip an sich eine Veränderung nicht erfahren kann. Auf dem genealogischen Wege können daher wol große Erfahrungen darüber gesammelt werden, in wie weit gewisse auf die Moral bezügliche Eigenschaften erblich seien u. dergl., aber wenn von einem Fortschritt in moralischer Beziehung die Rede sein soll, so kann damit nichts anderes gemeint sein, als daß eine gewisse Art von Tugenden, oder eine gewisse Art von Gebrechen in einer gewissen Classe von Menschen, oder in einer ganzen Nation, oder in einer zufälligen Staatsgemeinschaft häufiger, oder seltener zur Beobachtung gekommen sind. Die Eigenschaften, die hier wirksam waren, dürften wol kaum von jemand in Bezug auf das Individuum in ihrer vollen Unveränderlichkeit verkannt werden können. Denn wenn jemand an Kleptomanie leidet, so kann er zwar nach der Größe des Diebstahls stärker oder schwächer bestraft worden sein, aber wenn man die Fortschrittsfrage der Menschheit nach den Objekten der verbrecherischen Handlungen beurtheilen wollte, so käme man zu den sonderbarsten Schlüssen. Für den Genealogen, der etwa in der Lage war, Kleptomanie in einer Reihe von Abstammungen nachzuweisen,