Namensanklebung

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Die Lebensumstände im lokalen und regionalen Bereich mit den natürlichen und kulturellen zeitlichen Gegebenheiten geben Hinweise zur Anlage von Biografien unserer Vorfahren in der jeweiligen Generation. Land und Leute in ihrer Zeit, lokale Gebräuche, ihre Siedlung, Sprache, Kirche, und die Vernetzung ihres Lebensraumes.

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Amtssprache

Haus- und Hofesnamen, Beinamen vor 1790/1800
Der Hausname war ein "Haus-Name" und klebte regelmäßig an den Höfen, Kotten und Häusern außerhalb der Mauern von Städten. Bei Einheiraten in das Erbe wurde der einheiratenden Person der Hofesnahme als bestimmender Hausname von der Grundherrschaft angeklebt. Dies fand sich nicht immer in den Kirchenbüchern begleitend sofort wieder. Die Erscheinung der Namensanklebung tritt besonders in Westfalen und am Niederrhein auf, ebenfalls in der Lüneburger Heide. Auch im Volksmund über mehrere Generationen weitergeführte Beinamen konnten, scheinbar unbegründet, den aktuellen "Hausnamen" bis in das 18. Jahrhundert hinein in Kirchenbüchern ersetzen.

Bei Einheirat Eigenbehöriger

Im Rahmen der Sitte der Anklebung von Hofesnamen bei der Einheirat von Männern in Erbhöfen von Grundherren vor Einführung der Personenstandregister wurde diesen Männern und zumindest ihren Erben der Hofesname regelmäßig angeklebt. Dies wird vor 1790/1800 nicht immer sofort in Kirchenbüchern und allen Amtsakten übernommen. Daher kommt es häufiger zu nicht regelmäßigen Eintragungen sowohl in Kirchenbüchern als auch in Amtsakten, was die Namensbezeichnung eines Hofesaufsitzers betrifft.

In Kirchenbüchern kann man solche Einheiraten regelmäßig vermuten, wenn die Taufeintragung der Eltern lautet:

  • Vorname Vater, Vorname Mutter, gemeinsamer Hausname.

Ansonsten sind beide Hausnamen gemeinhin getrennt aufgeführt. Regeln dafür sind allerdings nicht erkennbar. Der gemeinsame Hausname kann dann einer der Elternnamen oder auch der Hofesname sein, dies auch dann, wenn beide Eheleute nicht dem Hof entstammen, also hoffremde Aufsitzer sind.

Eintragungen mit unterschiedlichen Namen

Man findet daher Eintragungen von Bewohnern ein und desselben Erbes durchaus unter dem Hofesnamen des einheiratenden Ehemannes, des Vaternamens des einheiratenden Ehemannes, des Hofesnamens auf dem der Einheiratende eingeheiratet ist, oder des Vaternamens oder Großvaternamens der Hofestochter als Ehefrau. Dies ändert sich auch bei dem Tod der Hofestochter nicht, wenn der Wwer. nun, meist unter dem Hausnamen der verstorbenen Hofestochter oder gar plötzlich des uralten Hofesnamens zur zweiten oder weiteren Ehe schreitet.

Kinder dieser Ehe tragen bei Ihrer Ehe teilweise Namen der Vater- oder Mutterlinien.

Namensanklebung bei fremden Aufsitzern

Kam es durch besondere Notlagen oder bei schlechter Wirtschaftsführung eines durch Eigenbehörigkeit (Fürstbistum Münster) einem Grundherrn verbundenen Erbaufsitzers eines Erbes zu dessen Entsetzung durch ein Hofesgericht oder durch Vereinbarung mit dem Grundherrn, bezog ein blutsfremder neuer Aufsitzer das in Not gekommene Erbe. Diese Aufsitzer finden sich zunächst meist unter ihren eingebrachten Namen in den Kirchenbüchern wieder, aber bei den Taufen werden die Eltern manchmal nach dem Vaternamen oder angenommenen Hofesnamen gemeinsam benannt.

Den Kindern fremd aufgekommener Hofesaufsitzer wurde regelmäßig der Hofesname angeklebt. Dies hat zur Konsequenz, daß die Taufeintragung der unter dem Hofesnamen heiratenden Kinder so nicht im Kirchenbuch gefunden werden kann und über diesen Weg damit auch nicht deren reale Eltern nachgewiesen werden können, da sie nur in scheinbarer Kontinuität zu den namensgleichen Vorbesitzern stehen. Hinzu kommt, daß bei Heiratseinträgen vor 1790 / 1800 regelmäßig die Eltern der Brautleute in Kirchenbüchern fehlen.

Für die Verfahrensweise gab es weder feste Regeln noch durchgängige Eintragungsmuster, weder in einem Kirchspiel noch in einem festen Zeitabschnitt (Amtszeit des zeitlichen Geistlichen) in einem Kirchspiel. So konnte in einem Fall bei einem in den Hof einheiratenden Vater nur dem erbenden Kind (Tochter oder Sohn) der Hofesname in den Kirchenbüchern bei der Heirat angeklebt werden und bei den anderen Kindern nicht, während in allen anderen Fällen im gleichen Zeitabschnitt in diesem Kirchspiel jeweils unterschiedlich anders verfahren wurde.

Zweitname oder Beiname

Häufiger findet man bei Namensanklebungen einen zweiten Namen mit dem Zusatz "modo", welches in diesem Zusammenhang soviel bedeutet wie "jetzt, nunmehr, auch", oder "vulgo" (genannt), "conditionalis, condicta" (beziehungsweise), "alias" (anders), "sive" (oder), "olim" (einst), "nunc" (nun, jetzt), "vel" (wahlweise, oder).

Der starke Beiname einer Aufsitzerfamilie konnten im 17. und auch noch im 18. Jahrhundert im Volksmund beibehalten werden, ohne im Kirchenbuch zu erscheinen, um dann plötzlich und scheinbar unbegründet einer Folgegeneration auf dem Hof wieder in den Kirchenbüchern und amtlichen Unterlagen angeklebt zu werden. Die Quelle dafür kann dann 3 bis 4 Generationen zurück liegen und kann dann Abstammungshinweise geben, welche über die Zeit der Kirchenbücher hinaus gehen. Heute scheinbar unbegründete Namensbrüche in den Kirchenbüchern gehen manchmal einher mit der Einführung eines neuen Pfarrers.

Solche Beinamen hielten sich in kleineren Orten in Einzelfällen durchaus noch bis um das Jahr 2000 und waren da eigentlich auch nur noch bei altansässigen Familien bekannt. Mit dem lokalen Rückgang der niederdeutschen Sprache gehen auch die Kenntnisse über die alten Beinamen verloren, dies steht im direkten Zusammenhang.

1828 Erlaß in Westfalen

In dem Erlaß der Verordnung des Oberpräsidenten von Westfalen vom 22.02.1828 heißt es zwar, dass wenn Jemand durch Heirat, Erbschaft oder dergleichen erblicher Besitzer eines Hofes würde, dürfe er nicht seinen Familiennamen ablegen und nunmehr den Hofesnamen allein führen, vielmehr bliebe der ursprüngliche Familienname der Hauptname und könnte der Hofesname durch Verbindung mit dem Worte genannt nur als Beiname nachgesetzt werden. Dem Hofesbesitzer, welcher berechtigt sei, einen Doppelnamen zu führen, stünde dieses Recht nur für sich und seine Ehefrau zu, die Kinder seien nicht berechtigt, den Doppelnamen des Vaters zu führen, sie müssten vielmehr nur mit dem ursprünglichen Familiennamen benannt werden. Anträge auf Namensänderung seien an den Regierungspräsidenten zu richten. Die Stempelsteuer betrug dafür 100 Mark.

  • Über die weitgehende Durchsetzung der Verordnung vergingen wohl 100 Jahre. Es zählte letztlich immer noch, Veränderungen im Namensrecht hin und her, der Eintrag des Standesbeamten, welcher mancherorts in Einzelfällen auch im 20. Jahrhundert weder der Gesetzgebung noch der Logik folgte.

Genannt Name

In der Übergangsphase bis zu den gesetzlichen Vorschriften der Namensregelungen im 20. Jahrhundert kam es Anfang des 19. Jahrhunderts zu dem Nenn-Namen als Namenszusatz (Beispiel: Müller genannt Meier). Die Regeln der Voransetzung des Geburtsnamens des Ehemannes wurde in der Praxis häufig umgekehrt gehandhabt. Dies blieb der Willkür der Beteiligten in der Kirche und der Kommune überlassen.

Auslauf der Namensanklebung

Die Sitte der Namensanklebung von Hofesnamen lief bereits im 19. Jahrhundert allmählich aus und wurde durch die vorerwähnten Formen ersetzt. War durch Todesfälle und Wiederheiraten die Blutsverwandschaft zu den Vorbesitzern der Höfe oder Kotten unterbrochen, erhielten die Kinder im Regelfall bereits im 19. Jahrhundert den Familiennamen des Vaters als Standard mit auf ihren Lebensweg; dies konnte auch ein Doppelname mit oder ohne Bindewort sein. In linksrheinischen Gebieten endete die Sitte 1798 mit Einführung der Zivilregister durch die Franzosen.

Hilfsmittel

Zur Lösung des Problems der Elternfindung bei Vorfahren mit angeklebten Hofesnamen sollten unbedingt erhaltene Akten des Grundbesitzers hinzugezogen werden, wozu auch Rechnungsbücher zählen. Hinzu kommen Akten der lokalen Kirche, die über die Kirchenbücher hinaus gehen. Von Belang sind dann auch darüber hinaus Akten aus der zeitlich zuständigen Behördenstruktur und Akten benachbarter Grundherren und regional zuständiger Institutionen. Dazu gehören auch als Quelle die meist bei den Gerichten verwahrten Kontraktenprotokolle, welche meist mit den Laufzeiten der Gerichtsprotokolle einhergehen. Geeignet sind da beispielsweise auch die in vormals preußischen Gebieten seit 1764 geführten Kantonrollen oder die im 19. Jhdt. aufkommenden Hauslagerbücher bzw. Hauskatasterbücher.

Vergleiche