Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/285
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Ferner aber wurde die Ehe des Liten im Hofrecht als nicht vorhanden behandelt. Er galt als unverheiratet. Bei seinem Tode fiel seine ganze Mobiliarhinterlassenschaft (Habe) und das Latengut an den Herrn'. Frau und Kinder erhielten nichts, sie waren in der Villikation ihres Vaters völlig rechtlos und Hörige des Herrn der Frau,
Die (liosntill) Erlaubnis des Herrn zu einer solchen Hcirat hatte nur dann eine praktische Bedeutung, wenn die aufheiratende Frau eine Freie war. In diesem Fall konnte er durch seine Einwilligung zur Heirat zugleich seine Bereitwilligkeit zu erkennen geben, die Frau nnd eventuell die Kinder etwa nach vorausgegangener Ergebung an das Gut kommeu zu lassend War die Frau einem anderen Herrn hörig, so konnte sie der Herr einseitig nicht in seine Hofgenossenschaft aufnehmen. Der Konsms des Herrn hatte also bei der großen Mehrzahl der Ungenossenheiraten (nämlich wenn fremde Hörige in die Nillikation einheirateten) nicht einmal ans die Gültigkeit der Ehe im Hofrecht eine,: Einfluß.
Aus dieser doppelten Unfähigkeit des Herrn, nämlich einerseits, die Ungenossenehen seiner Laten zu hindern, und andererseits, dieselben einseitig durch seinen Konsens zu legitimieren, ergab sich der Zustand, den die Urkunde»: unserer Epoche voraussetzen.
Von dem Heiratskonsens war nur noch die Pflicht zur Zahlung der Heiratsabgabe übrig geblieben. Diese war für Ungenossenehen hofrechtlich nicht fixiert und wurde daher vom Herrn möglichst erhöht. Außerdem knüpfte der Herr die schwersten hofrechtlichen Nachteile an die Ungenossenehe. Der ganze Nachlaß des Laten wurde ebensowie das Latgut nach seinem Tod eingezogen. Frau und Kinder hatten kein Recht darauf. Nach einigen Hofrechten verlor der Late, wenn er sich an eine Ungenossin verheiratete, sogleich, also noch bei Lebzeiten, das Latgnt^.
i Vgl. Westfälisches Urkundenbuch I, Nr. 282 (g,, 1244). — Anhalter Urkundenbuch, Bd. I, Nr. 292 (», 1142), - Seibertz, Urlundenbuch, Nr, 39 (a. 1101-1131). — Milderungen mit Anerkennung des alten Rechts: Seibertz, Urkundenbuch I, 80 (a. 1186). — Kindlinger, Hörigkeit, S, 11?. und Urkunde Nr. 12 l». 1166). — Vgl. Waitz a. a. O.
^ Dieser Gedanke scheint den Bestimmungen des Hllfrechts Cickel § 2? und S 28 (Grimm, Weistümer III, S. 65) zu Grunde zu liegen. — Vgl. auch Seibertz, Urkundenbuch I, Nr. 39 (»,. 1101-1181), wo übrigens uon keinem Konsens die Rede ist,
' Vgl. Anhalt. Urkundenbuch I, Nr. 292 l», 1142); hier verliert nur die Frau, die einen fremden Hörigen aufgeheiratet hat, das Gut. — Grimm, Weistümer III, S. 130 (Hofrecht Münster), S. 159 und 160 (Hofrecht Loen ß 108 und 109) a. 1368.