Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/459

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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vollzogen; der Staat hat an dieser Weiterbildung durch Erlaß von Gesetzen keinen Anteil genommen.

Anders dagegen war der Verlauf in Niedersachsen. Hier wurde zugleich mit der Auflösung der Villikationsverfassung auch die Hörigkeit der Laien aufgehoben. Der Herr nahm das Land in unmittelbaren Besitz und duldete den freigelassenen Laten nur als Zeitpächter auf demselben. Der Staat, selbst ein großer Grundherr, gewann bald an allen grundherrlich abhängigen Bauern des Staatsgebietes ein lebhaftes Interesse, weil er sie unmittelbar zu öffentlichen Leistungen, Diensten und Steuern heranzog. So kam er bald mit dem Grundherrn in Konflikt.

Dieser wollte die unbeschränkte Verfügungsfreiheit über sein Grundeigentum behaupten und es willkürlich dem Meistbietenden Meier verpachten. Der Staat dagegen hatte ein Interesse daran, daß der Meier für die staatlichen Anforderungen leistungsfähig blieb. Daher wünschte er die Erhaltung des Meiers beim Meiergut und suchte der Steigerung des Meierzinses Einhalt zu thun.

Aus diesem Konflikt ging der Staat als Sieger hervor. Durch Landesgesetz wurde dem Grundherrn die Zinserhöhung untersagt und dem Meier ein Erbrecht am Meiergut verliehen.

Aber der Staat steigerte seine Ansprüche an den Meier immer mehr und drängte die Verfügungsfreiheit von Grundherrn und Meier über das Meiergut immer weiter zurück. Am Ende des 17. Jahrhunderts schuf er den Pertinenzverband, das Bauerngut im Rechtssinn, über das er kraft öffentlichen Rechts eine Grundherrschaft zu üben begann.

Die grundherrlichen Befugnisse des Privatgrundherrn hatten nur noch so weit eine Bedeutung, als sie in Übereinstimmung mit den Zwecken des Staates ausgeübt wurden. Am Ende des 18. Jahrhunderts war der Privatgrundherr aus einem unbeschränkten Eigentümer ein Rentberechtigter am Meiergut geworden.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab der Staat dem Meier die Befugnis, die grundherrlichen Lasten abzulösen, und beseitigte damit die Privatgrundherrschaft auch formell. Die Grund-Herrschaft kraft öffentlichen Rechts aber behielt er bei, und außerdem führte er die meisten aus dem Meierrecht entsprungenen Rechtsinstitute als bäuerliches Privatrecht wieder ein. Erst der preußische Staat gab nach der Einverleibung Hannovers die öffentlich-rechtliche Grund-Herrschaft auf und beseitigte die meisten Sätze des bäuerlichen Privatrechts.