Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/460

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Auf den ersten Blick erscheint die Geschichte der bäuerlichen Verhältnisse Nordwestdeutschlands als eine Aufeinanderfolge grundherrlicher Verfassungen. Die Villikation war eine Grundherrschaft, Meierrecht und Eigenbehörigkeit waren grundherrliche Verhältnisse, und schließlich gewann sogar das Oberauffichtsrecht des Staates über das Bauerngut völlig dm Charakter einer kraft öffentlichen Rechts bestehenden Grundherrschaft.

Aber bei genauerer Betrachtung sehen wir deutlich, wie die Villi-kationsverfassung, der Ausgangspunkt unserer Betrachtungen, die Organisation einer Herrschaft nicht nur über Land, sondern auch über Menschen darstellte. Der Villikationsherr war nicht bloß Grundherr, sondern auch Beherrscher von Menschen. Die Laten waren nicht nur dinglich, sondern auch persönlich abhängig.

Die Organisation dieser Herrschaft, die Villikationsverfassung, die ursprünglich nur im Interesse und für Zwecke des Herrn geschassen worden war, hatte Rechte der abhängigen Leute am Grund und Boden der Villikation erzeugt, die im Laufe der Zeit die wirtschaftliche Bedeutung seiner Herrschaft über das Land sehr herabgemindert hatten.

Daher löste der Herr diese seinem Interesse zuwiderlaufende Villikationsverfllssung auf und verzichtete auf seine Herrschaft über die Menschen, um nur eine völlige unbeschränkte Herrschaft über das Land wiederzugewinnen.

In der Form des Meierrechts wurde diese so erlangte Herrschaft über das Land nutzbar gemacht, und damit wieder eine Grundherr-schaft, aber völlig frei von Elementen persönlicher Abhängigkeit, begründet. Das Meierrecht durchdrang auch das Verhältnis der noch Vorhandenen Hörigen und verwandelte es in ein nahezu rein grundherrliches.

Seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts mischte sich der Staat in das Verhältnis zwischen Freimeier und Grundherr, Er verschaffte dem Meier zuerst eiu Erbrecht am Meiergut, setzte sich dann völlig an die Stelle des Grundherrn und machte schließlich zu Beginn des 19. Jahrhunderts das grundherrliche Verhältnis des Meiers und des Hörigen ablösbar. Infolgedessen erwarben beide das Eigentum an den Bauerngütern, die sie, soweit unsere Überlieferung zurückreicht, immer zu abgeleitetem Besitzrecht besessen hatten.

Heute ist die Grundherrschaft in Niedersachsen und Westfalen verschwunden, aber die bestehende ländliche Verfassung dieser weiten Gebiete ist ihr Werk, das sie uns hinterlassen hat. Das niedersächsische