Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1884/237
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Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1884 | |
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§ 28. | |
Die Kreisärzte sollen auf alle diejenigen Schädlichkeiten fortgesetzt ihr Augenmerk gerichtet halten, welche in und bei dem Schulunterricht, insbesondere auch durch den Verkehr der Kinder in den Schulen,die Gesundheit derselben zu gefährden geeignet find. Sie werden deshalb bei ihren zeitweiligen Besuchen der Schulen ihres Bezirks auch dem allgemeinen Gesundheitszustand der Schüler, namentlich in Bezug auf Ernährungsstörungen, Abspannung, Nervosität ihre ernste Aufmerksamkeit zuwenden und allen denjenigen Verhältnissen der Schule und des Unterrichts, bei welchen die Gesundheit in Frage kommt, Beachtung schenken. Dahin gehören: die Ueberfüllung der Schulräume, der Betrieb von Heizung, Ventilation und Beleuchtung, insbesondere die sorgfältige Instandhaltung und aufmerksame Durchführung der hierfür getroffenen Einrichtungen und Maßnahmen, Sitz und Haltung der Schüler, der Gebrauch geeigneter Lehrmittel beim Unterricht überhaupt und beim Schreib- und «8eichen-Unterricht insbesondere. Bei sich ergebenden Mißständen werden die Kreisärzte mit den competenten Behörden, bei den Volksschulen mit den Kreisschulcommissionen, bei anderen Lehranstalten mit den Directionen, in weiteres Benehmen treten, bezw. der Ministerialabtheilung für öffentliche Gesundheitspflege Vorlage machen. Nicht ausschließlich aber doch vorzugsweise nehmen die höheren Lehranstalten die Aufmerksamkeit der Gesundheitsbeamten noch in einer besonderen Richtung in Anspruch, nämlich mit Rücksicht auf Sehstörungen der Schüler und auf die Verhütung der Kurzsichtigkeit,90 der Störungen des Allgemeinbefindens, sowie der psychischen Erkrankungen, welche in Folge fortgesetzter übermäßiger und einseitiger geistiger Anstrengungen eintreten können. Auch in den Privat-Unterrichtsanstalten ist in hygienischen Angelegenheiten das Zusammenwirken der Kreisärzte mit den Kreisschulcommissionen nicht ausgefchlossen.91 Die Ueberwachung der Kleinkinder-Schulen und Bewahranstalten hinsichtlich ihrer hygienischen Beschaffenheit und der Pflege und Beschäftigung der Kinder in denselben wird den Kreisärzten empfohlen.92 Bei dem Auftreten der dem Kindesalter gefährlichen Infectionskrankheiten ist der Verbreitung derselben durch den Verkehr in den Schulen entgegen zu wirken und vorbehaltlich weiter ergehender allgemeiner |
90 Die Verbreitung der Kurzsichtigkeit und anderer Augenkrankheiten und die Ermittelung der hier wirkenden Ursachen bei den Schülern der höheren Lehranstalten hat der M. A. f. G. Anlaß zur Vornahme einschlägiger Untersuchungen gegeben. Es wird auf das über das Ergebniß dieser Untersuchungen veröffentlichte mit lith. Ausschreiben vom 9. Januar 1882 mitgetheilte Referat über die Augenuntersuchungen in den höheren Schulen zu Darmstadt von Geh. Medicinalrath Dr. A. Weber und die weiter zugestellte Zusammenstellung der wichtigeren Ergebnisse der Augenuntersuchungen in dem Gymnasium und der Realschule zu Mainz und dem Gymnasium zu Gießen, sowie das Protokoll der Sitzung des ärztlichen Centralausschusses vom 20. November 1882 und die Verhandlungen der Commission zur Prüfung der Frage der Ueberbürdung der Schüler höherer Lehranstalten des Großherzogthums, Bericht und Protokolle, Darmstadt 1883 (A. Bl. M. A. f. G. Nr. 133) verwiesen. Vergl. Auch das Ausschreiben M.A. f.G. betr. die Kurzsichtigkeit unter den Schülern vom 11. Mai 1881 A. Bl. M. A. f. G. Nr. 83.
91 Art. 28 des Volksschulgesetzes vom 16. Juni 1874 enthält folgende hier einschlägige Bestimmungen:
Privatunterrichtsanstalten, deren Benutzung von dem Besuche der öffentlichen Volks-schulen entbinden soll, können nur mit Genehmigung der obersten Schulbehörde errichtet werden; unter Anderem ist vom Wechsel des Schullokals Anzeige zu machen. - Die Errichtung solcher Privatunterrichtsanstalten, in welchen ausschließlich Schüler oder Schülerinnen unter oder über dem schulpflichtigen Alter aufgenommen werden, ist der betreffenden Kreis-Schulcommission anzuzeigen. Dieser bezw. der obersten Schulbehörde bleibt das Recht der Einsichtnahme vorbehalten. Letztere kann die Schließung der Anstalt verfügen unter Anderem, wenn die Einrichtungen derselben für die Gesundheit der Schüler nachtheilig oder ungenügend sind.
92 Verfügung M. A. f. G. betr. die Gesundheitspflege in den Schulen, hier Kleinkinder-Schulen und Bewahranstalten vom 7. Juni 1880.