Herforder Chronik (1910)/356

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Herforder Chronik (1910)
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entschlüpfen, ließ sie diese im Stich und wollte durch ein angrenzendes Haus entkommen. Allein dort traf sie auf den Knecht, der des Nachts den Bleichhof bewachte. Er hielt die fremde Person an und überlieferte sie am folgenden Morgen wegen „solchem vorgehabtem und nicht vollbrachtem Diebstal“ dem Gericht. Auch sie wurde, wie jener Soldat, „gegen inhalt der Peinlichen Halßgerichts-Ordnung“ zu einer harten Tortur geführt, unter deren fürchterlichen Qualen sie sich zum Veneficium (Giftmischerei, Hexerei) bekannt und „nichts liebers als verbrannt zu werden begehrt hatt“. Die Schöffen haben sie zum Feuer verdammt „undt ohne weitere beweißthumb die urtheill an ihr exequiren (vollstrecken) lassen“ (Schliepstein).

5. Von der Tripeschen. Sie war eines frommen Bürgers und Wandmachers (Tuchwebers) Frau. Weswegen sie eingezogen worden, erfahren wir nicht, vermutlich war sie der Zauberei beschuldigt. Sie wurde aber ohne vorhergegangene Anzeige des ihr zur Last gelegten Verbrechens, und ohne ihr eine Verteidigung zu gestatten „auffs wasser geführt und dreymahl hinein geworffen“. Die Wasserprobe (s. Radewig) brachte ihre Schuld nicht an den Tag und nun legte man sie in den Turm, folterte sie „jämmerlich“, und als sie auf ihrer Unschuld bestand, kam sie zu „mehrer ihrer beängstigung“ in einen andern Turm, dann in einen dritten und vierten. Die Tortur wurde an ihr wiederholt, und die Bedauernswerte ist „härter dan vorhin gemartert worden“. Als auch diese Tortur ihr ein Geständnis ihrer Schuld nicht hatte abpressen können, wurde die Folter zum dritten Male wiederholt „und ihr mit alsolchen Torturen zugesetzet worden, daß es einen Stein erbarmen solte“. Allein auch dieses „hatt an ihr nicht verfangen wollen, und nun schnitt ihr der Scharfrichter mit einem Messer ein Loch in den Arm und drohte dabei, „das er ihr folgenden Tages, sofern sie nicht bekennen würde, die Brüste undt die Haut aufflösen, siedendes Oel darein gießen und riemen aus dem Rücken schneiden wolte“. Sie hat aber „den einen wie den anderen weg“ ihre Unschuld beteuert und in ihrer unaussprechlichen Angst und Marter oftmals zu Gott geschrieen „vndt den namen Jesu angeruffen“. Das haben ihr die Schöffen Arnold Bruning und Werner Wulfert mit den Worten verwiesen: „Was betestu noch den Nahmen Jesu ahn, bete den Teuffel ahn“ und sie schließlich zum Teufel gewünscht. Mit allem diesem waren die Leiden der heldenmütigen Frau noch nicht zu Ende. Man warf sie in den Fresenturm [1] wo sie das Tageslicht nicht sehen konnte, schloß sie an Händen und Füßen, und in vier Tagen und Nächten ist sie „so wenig gespeiset als geträncket worden“. Nach Ablauf dieser Zeit ist der Stadtdiener Henrich Matze zu ihr gekommen, um zu sehen, ob sie schon des Todes verblichen sei. Als er sie noch am Leben fand, nahm er die Kette von ihren Händen und sagte: „Tripesche, die händte seint euch loß, willet ihr euch nun umbbringen, das könnet ihr tun, so seit ihr des jammers loß.“ Bei dieser gräulichen Versuchung hat sie bitterlich zu Gott geschrieen; der barmherzige

  1. Am Ausgang der Totenstraße.