Herforder Chronik (1910)/513

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Herforder Chronik (1910)
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1813

Pistolen Feuer vor, und so kam es in der Stadt zwischen den Russen und Franzosen zu einer Art von Gefecht. Das Truppen-Corps wurde dadurch alarmiert[1], die Canonen auf alle nach dem Markte führende Straßen gerichtet und keinem Bürger gestattet, sich außerhalb der Häuser sehen zu lassen. Es wurde fortwährend in der Stadt geschossen, und es geschähe dadurch, daß außer dem Kaufmann Ernst Harten, der auf der Flur des Kielbeckschen (jetzt Rhodeschen) Gasthauses stehend, ohne Zweifel, wegen gegen denselben hegenden Mistrauens, auf Befehl des französischen Commandanten durch einen Schuß auf der Stelle getödtet wurde[2], noch zwei Bürger, eine Frau und ein Kind auf der Straße erschossen worden. Nach mehreren höchst unruhigen und gefahrvollen Stunden, trat auf ein mal eine Stille ein, von der die beängstigten Bürger in ihren Häusern den Ausgang mit größter Besorgnis erwarteten, der aber glücklicherweise darin bestand, daß bei geschehener Nachsehung die Stadt von den französischen Truppen, nachdem sich die wenig zahlreichen Cosacken zurückgezogen, geräumt war, indem selbige ganz in der Stille durch das Steinthor abgezogen, und ihren Weg auf Enger genommen hatten. Kaum war dieser gegen 12 Uhr erfolgte Abzug allgemein bekand, und dadurch die große Besorgnis gehoben, mit welcher jeder Einwoner in Rücksicht des Schicksals der Stadt erfült seyn müssen, als

am 4. November Nachts 2 Uhr, die in verstärkter Zahl von Bielefeld hieher gekommenen Cosacken sich zum Angriff der Franzosen vor der Stadt zeigten, und als sich selbige von dem Abzüge der letztern überzeugten, unter beständigen Hurra-Rufen in die Stadt sprengten, alles durchsuchten, die zurückgelassenen französischen Krancken auf den Neustädter (Rats-)Keller zu Gefangenen machten, und darauf Patrouillen aus allen Thoren der Stadt abschickten, ohne jedoch die französischen Truppen, in Ermangelung des dazu nötigen Befels, zu verfolgen. Die Truppen ließen sich nicht einquartieren, sondern bivouaquirten vor den Teichthore, wohin aber sofort Fourage und Lebensmittel geliefert werden mußten. Die in die Stadt kommenden Patrouillen wurden von den Einwohnern mit allgemeinen Hurrah freudig bewillkomt und auf Kosten der Stadt auf der Straße vor dem Hause des Maire mit Brantwein und Speisen bewirthet.

Einfügung.

Der Maire (Bürgermeister) Diederichs wohnte im Gehrenberg. Das 1892 abgerissene Haus gehörte zuletzt dem Kaufmann Grote; in dem an dieser Stelle neuerbauten Hause, jetzt Nr. 4, befindet sich die Marktdrogerie.

  1. Die Franzosen seien, so wird erzählt, mit dem Schreckensrufe „O mon Dieu, les cosaques les cosaques!“ kopflos durch die Straßen gelaufen.
  2. Nach mündlicher Überlieferung habe Harten von jener Tür aus die Franzosen mit Miene und Worten verhöhnt.