Schlesisches Namenbuch/017
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I. Taufnamen: a) altdeutsche b) slawische | |
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Thomas der Apostel hat sich über Thömel in Dehmel verwandelt, der Gründer des Franziskaner-Ordens in Frenzel und Franzke, Apostel Andreas in Anders und polnisch Jander, Bartholomäus in Barthel und besonders Bartsch, nebst tschech.-deutsch Bachmann, der hl. Gallus in tschech.-deutsch Habel (vgl. Habelschwerdt!), Clemens in Klemmt, Klammt, Kliemt – auch Klich und Klette (Klatte) sind nichts anderes –, und eben so geheimnisvoll Christian in Kirsch und Kittel. Des hl. Georg Verehrung spiegelt sich auffallend bunt in böhmisch Gierke (Jirke), Görke, lausitzisch Hirche, Tschirch, auch Tschierschke, Tschersich u.ä. Formen, zumal der Name des Böhmenkönigs Georg v. Podiebrad, gewöhnlich Girzik, als dynastische Stütze wirkte. In Wenzel und Stenzel haben wir die eingedeutschten Namen des böhmischen und des polnischen Nationalheiligen: Wenceslaus und Stanislaus, auch in den Kurzformen Wach und Stach.
Der Anteil des Slawischen an der Gestaltung der Namenlandschaft ist je nach der Gegend verschieden stark und zeigt im einzelnen die mannigfachsten Schattierungen. Zu unterscheiden sind grundsätzlich die Reste der alten wendischen, tschechischen und polnischen Taufnamenwelt und die slawischen Formgebung der nichtslawischen Namen, sowohl der deutschen wie vor allem der Heiligennamen. Jene Reste begegnen uns urkundlich nur wie Findlinge in der vom Deutschtum überfluteten Landschaft: so neiderländisch Brunzel und Fechner als Sproßformen von Bronislaw und Wenceslaw, glätzisch-oberschlesisch Radewagen und Schirdewagen, die über Radewahn und Schirdewahn auf Radowan und Srdowan zurückgehen, wozu sich Rathmann (Rademan) als eingedeutschte Form gesellt. Lehrreich als Beispiel völliger Eindeutschung (Volksetymologie) ist Feige, die Koseform Vojke von Vojslaw (Vojczeslav), zu dessen Sproßformen Woicz(i)ech (wie der hl. Adalbert ursprünglich hieß) die Familiennamen Woitzik (oberschlesisch) und Foitzik (niederschlesisch) gehören. Der hier zutagetretende Lautersatz (Lautsubstitution) von slawisch (polnisch) w durch f in deutschem Munde begegnet auch in Fröbel neben oberschlesisch Wrobel (Sperling), in Flach und Fluche neben oberschlesisch Wlok (der Welsche, Italiener) und wird methodisch wichtig als Schlüssel für Formen wie Fengler neben Wengler (Köhler), Fenger neben Wenger (Ungar) und Fendler neben Wendler.
Mühl ist in schlesischen Namen immer slawisch milu „lieb“, an deutsch die Mühle angelehnt, so Mühlbrett, Mühlan, Mühlichen statt Milobrat mit seinen Sproßformen Milan und Milochan, und Mücke steht für Micka, der Koseform von Nikolaus. Lieb- ist (besonders in der Lausitz) oft das gleichbedeutende altslawische ljub, das sich in wendisch-tschechisch lib und polnisch lub gespalten hat; hierher gehört das Musterbeispiel für die deutsche Sprachkraft jener Zeit: Liebig, das sich urkundlich über Libing auf Libnik (Ljubnik), Sproßform von Libomir und Liboslaw, zurückverfolgen läßt. Ähnlich entpuppt sich Littmann als slawisch-deutsche Mischform von Litobor, bzw. Litomir und Litoslaw (lit, -ljut = Leute, Volk); und Sieber, sekundär auch Siebert, täuscht deutsches Si(g)bert vor statt slawisch Sebor (alt stets Sebir), was aus dem Fehlen der Diphthongierung und des Dentals im Auslaut einwandfrei hervorgeht. Für Leuschner und Tscheuschner vgl. den Anhang „Metronymika“. Von den beliebten mit slav („berühmt“), dem Volksnamen der Slawen, gebildeten Patronymika sind Stanislav als Stenzel und Wenceslav als Wenzel schon genannt. Trotz gleicher Bildungsweise ungleich schwerer zu erkennen sind Bunzel – gewöhnlich mundartliche Form von Bunzlau (= Ort des Boleslav) – vom häufigen Piastennamen Boleslav, zu dessen Koseformen Bolko, auch Polke und Pulke gehören, dann neiderländisch Brunzel von Bronislav; Prenzel (nebst Princke) von Pribislav und Tz(sch)aschel von Caslaw; mit k-Suffix dagegen: Di(e)rschke von Dirslav, Raschke von Radslav, Wirsig, Werschek u. ä. von Wirchoslav; Woitzik,