Kraxtepellen

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Ostpreußenkarte 1936
Landratsamt Fischhausen 1910
Beachte Mitte Romehnen, wo das prußische Hauptheiligtum Romowe gestanden haben soll. Schroetter Karte 1802, Maßstab 1: 160 000


Regional > Deutsches Reich > Ostpreußen > Regierungsbezirk Königsberg > Landkreis Fischhausen > Kraxtepellen



Einleitung

Kraxtepellen liegt an der Westküste des prußischen Stammesgebietes Samland. Der Ort wurde zusammen mit Palmnicken durch das einzige Bernsteinwerk der Welt berühmt.


Name

Der Name ist ein kurischer Schallname und bedeutet frei übersetzt "krachende Überschwemmung". Der alte Name Ampe bezieht sich auf Feuchtigkeit.

  • lettisch "ampis" = Sumpf, Wiese
  • "krakstet" = krachen
  • nehrungs-kurisch "krākt" = krächzen, krähen, schreien
  • prußisch "kraka" = der Nörgler
  • lettisch "pele" = Überschwemmung im Frühjahr, vergleichbar mit dem Schaktarp.
  • nehrungs-kurisch "pelat" = schimmeln
  • "peldet" = schwimmen
  • prußisch "pelte" = der Fließbach

Urkunkliche Erwähnungen:

  • 1555 Ampe
  • 1620 Kraxtepellen
  • 1785 Kraxtepellen oder Kirschpellen


Allgemeine Information

Politische Einteilung

Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit

Evangelische Kirchen

Katholische Kirchen

Geschichte

  • Bernstein wurde bereits zur Römerzeit gefördert und über die Bernsteinroute bis Rom gehandelt.
  • Am Rande des großen Erdtrichters zwischen Palmnicken und Kraxtepellen lag ein prußischer Burgwall, im Volksmund Schwedenschanze genannt, der von der vorrömischen Zeit (Latènezeit) bis zur Ankunft des Ordens als Wehranlage genutzt worden ist. Von drei Seiten durch Steilabhänge oder sumpfiges Gelände geschützt, bedurfte die Burg nur eines Stirnwalles mit Wehrgang, durch den ein Irrweg hineinführte. Vor dem Wall befand sich eine Holzpalisade; im Innern sind Grundrisse von Holzhäusern gefunden worden. Die aufschlußreichen Reste der Burg haben dem Bergwerk weichen müssen.
  • Der Orden hatte sich das Bernsteinregal vorbehalten: Nur er durfte damit handeln, und das wurde dann auch eine der wichtigsten Quellen seines bis 1410 sprichwörtlichen Reichtums.
  • Ab 1234 wurde der Ort vom Deutschen Orden eingenommen.
  • Seit 1781 Versuche zu planmäßiger bergmännischer Gewinnung des Bernsteins, nachdem zuvor fast ausschließlich Gräberei und Netzfischerei betrieben worden war.
  • Russische Truppen besetzen den Ort im Siebenjährigen Krieg von 1758 bis 1762.
  • Ab 1827 begann die industrielle Förderung von Bernstein, mit der Folge, dass die Besiedlung sprunghaft zunahm und die Bebauung sich besonders in Richtung Kraxtepellen ausweitete.
  • Am 20. Mai 1875 wurde von der Regierung die Erlaubnis zur Anlegung eines Bergwerks in Palmnicken erteilt.
  • Im Januar 1913 begann der großangelegte Tagebau östlich Kraxtepellen.
  • 1934 Förderung von etwa 600 t Rohbernstein.
  • 1945 wurden noch 400 Tonnen des fossilen Harzes gewonnen. Ein großer Teil wurde zu Kolophonium verarbeitet, nur die besten Stücke gingen zur Schmuckverarbeitung in die Staatliche Manufaktur in Königsberg. Der Bernstein wird auch nach 1945 aus der Blauen Erde gewonnen.


Historische Gesellschaften

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Bibliografie

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Verschiedenes

Die Bernsteingewinnung in Kraxtepellen

Artikel in der Königsberg Hartungsche Zeitung vom 25.5.1913

Seit ich in Ostpreußen bin, habe ich eine große Vorliebe für Kraxtepellen; nicht weil ich es kenne – denn bis heute kannte ich es nicht -, sondern seines wohlklingenden Namens halber. Wenn ich im Reiche jemandem von Ostpreußen erzählte, sagte ich gewöhnlich auch: „Und da gibt es einen Ort, der heißt – Kraxtepellen“. – Es war ein harter Schlag für mich, al ich Sonnabend bei einer Exkursion, die gelegentlich der staatswissenschaftlichen Kurse stattfand, zum ersten Male die Ehre der persönlichen Bekanntschaft mit Kraxtepellen hate. Ich hatte diesem idyllischen Orte bitter unrecht getan. Kraxtepellen und Palmnicken sind ja wahre Schatzkästchen an landschaftliche Reizen. Ich verspreche von jetzt ab erst dann zu schimpfen, bis ich das Objekt kennengelernt habe.
Die Exkursion fand im Anschluß an den interessanten Vortrag statt, den Freitag Abend Oberbergrat und Bergwerksdirektor Jacobson über den ostpreußischen Bernstein gehalten. Fast 100 Herren waren begierig, die Gewinnungsart dieses merkwürdigen, alt ehrwürdigen Harzes kennenzulernen. In Palmnicken begaben wir uns zunächst in die dem Bahnhof benachbarte Zentrale, in der sich zwei Riesenmotoren im Gleichstrom gespannt, surrend drehen, die 1600 PS entwickeln. Hier hieß Oberbergrat Jacobson, der gemeinsam mit zwei Werksbeamten die Führung übernahm, die Erschienen herzlichst willkommen und machte noch einige allgemeine erläuternde Mitteilungen über das fossile Harz, das jetzt so wertvoll geworden. Dann kraxelten wir auf die Gemarkung Kraxtepellen. Hier wird gegenwärtig ein interessanter Versuch gemacht. Die bergmännische Gewinnung des Bernsteins war bisher eine unterirdischem unter Tage. Dabei hat sich herausgestellt, daß dieses System nicht mehr wirtschaftlich ist, da es sich als unmöglich erwies, allen Bernstein, der sich im Erdreich befindet, herauszubekommen. Man geht daher jetzt daran, den Tagebau einzuführen und hat in diesem Frühjahr mit den vorbereitenden Arbeiten begonnen. Zum Verständnis des Folgenden einige wenige Worte: <BR/ Wie bekannt, findet sich Bernstein hauptsächlich in der sogenannten blauen Erde, einer in einer Tiefe von etwa 40 Metern gelagerten, horizontalen Schicht, die sich durch einen Teil des Samlandes erstreckt. Ueber dieser blauen Erde lagert eine Gesteinsschicht, dann folgt eine Schicht „gestreiften Sandes“, in dem auch vereinzelt Bernstein enthalten ist, und schließlich eine Erdschicht, Diluvium. Diese ganze über der „blauen Erde“ lagernde Erdmasse in einer Tiefe von etwa 40 Metern wird nun entfernt, weggebaggert, bis die „blaue Erde“ zum Vorschein kommt. Naturgemäß ist das eine Arbeit, die nicht von heute auf Morgen beendet ist. Nach den Berechnungen dürfte sie insgesamt sechs Jahre in Anspruch nehmen. Die Länge dieses auszuhebenden Areals beträgt oben 1100 Meter, die größte Breite 650 Meter, nach unten zu verkleinert sich die Fläche. Die Arbeiten hier sind hochinteressant. Zwei Bagger sind in Tätigkeit; sie lösen das Erdreich und heben es in allmählich vorrückenden Waggons. Der eine, ein Eimerbagger, macht einen wahrhaft imposanten Eindruck. Unter Knirschen, Rasseln und Quietschen bohrt sich die fortlaufende Kette der Eimer in die Erde. Fabelhaft ist die Schnelligkeit, mit der gearbeitet wird. 4000 Kubikmeter Erdreich werden in einer Schicht losgelöst und automatisch in die Waggons befördert. Das zweite Bagger ist erheblich kleiner; ein sogenannter Löffelbagger, der das Terrain für den großen Erdwegbeförderer vorbereitet und etwa 600 Kubikmeter in einer Stunde bewältigt.
Für den Laien das weitaus Interessanteste an dieser Stelle war jedoch die Gleisrückmaschine. Sieben Schienen sind auf mächtigen Schwellen gelagert, auf denen sich die zahlreichen Züge, und vor allem der große Bagger doch, entsprechend der von ihm geleisteten Arbeit, nach dem Erdwall zu vorrücken, die Gleise müssen also verlegt werden. Wollte man das von Menschenhänden vollbringen lassen, so wären Hunderte von Arbeitern notwendig und ein großer Zeitverlust die Folge. Da tritt die Gleisrückmaschine in Funktion, ein auf einer Schiene laufendes, an eine elektrische Lokomotive angekoppeltes, längliches Gestell, das vorn und hinten mittels horizontaler und vertikaler Rolle, die gegen die Schiene drückt und durch eine Art Steuerrad in Tätigkeit gesetzt wird. Diese horizontale Rolle drückt also die Schiene zur Seite. Es entsteht eine wellenförmige Linie für den Beschauer, die sich – natürlich gleichzeitig mit der Maschine – rasch fortbewegt, und der Endeffekt nach einer derartigen Fahrt ist, daß sämtliche miteinander doch fest verbundene Gleise um einige Zentimeter zur Seite gerückt sind. Eine Arbeit von zahllosen Stunden wird hier in drei bis vier Minuten gemacht.
Das hier ausgebaggerte Erdreich kommt, wie erwähnt, automatisch auf kleine Waggons, die dann nach einer Wäscherei neben dem Bernsteinbergwerk – das unmittelbar an der See in einer Einbuchtung liegt und sich von oben mit dem weiten Meeresspiegel als Hintergrund reizend ausnimmt – gefahren werden. Dort werden die Wagen mittels einer höchst sinnreichen Kippvorrichtung entladen, das Erdreich fällt herunter in Gruben, Wassermassen werden darüber geschüttet, der entstehende Schlamm wird durch verschieden starke Siebe geführt, sodaß aller Bernstein, der sich eventuell im Erdreich befand, von den gröbsten Unreinlichkeiten befreit, zurückbleibt. Diese Wäschereianlage gehört noch zum Tagbau. Von der Regierung wurden seinerzeit im ganzen 3 Millionen Mark zur Verfügung gestellt, um den oberirdischen Betrieb an Stelle des unterirdischen einzuführen.
Jetzt noch einige Worte über den unterirdischen Bergbau. Es sind da zwei unmittelbar benachbarte Schächte, Schacht „Anna“ und Schacht „Walter“. Das Terrain unten wird in 25 x 25 Meter große Quadrate eingeteilt, die dann abgebaut werden. Ist die Arbeit hier beendet, dann sorgt man dafür, daß das darüber hängende Erdreich einstürzt, damit sich keine Hohlräume bilden. Welchen Umfang die Tätigkeit unter Tage hat, erkennt man am Besten daraus, daß die weitest vorgeschobenen Vorposten der Arbeiter etwa vier Kilometer von der Einfahrt entfernt sind. Die „blaue Erde“ wird von den Bergleuten auf kleine Waggons geworfen, die dann von Pferden nach den Förderkästen gezogen werden. Dort werden sie auf den Förderkorb geschoben und heraufgehoben. Polternd und dröhnend fährt rechts der Korb hinauf, während der linke in die Tiefe saust, und umgekehrt. Ein durchdringender Glockenschlag gibt unten und oben das Zeichen, daß alles bereit ist. Oben werden die Waggons aus den Förderkörben heraus- und zu großen Trommeln gerollt, in die das Material hineingeschüttet wird. Ein komplizierter und doch so einfacher Reinigungsprozeß hebt an. Durch kolossale Wassermengen wird der Bernstein notdürftig gereinigt, diese Wassermassen mit dem Schlamm, den sie mitführen, werden durch vier verschieden weite Siebe gelassen, wo natürlich alle Steine zurückbleiben. Dann kommen die rohen Stücke zusammen mit Wasser und Sand in große rotierende Fässer, wo sich die Verwitterungsrinde losscheuert.
Der weitere Prozeß hat zunächst nicht viel Interessantes. Die einzelnen Stücke werden nach Farbe, Größe, u.s.w. sortiert, abgekratzt, kurz in den Zustand gebracht, in dem sie handelsfähig werden. Die Stücke, die sich zur Handelsware nicht eignen, werden eingeschmolzen. Das Werk verfügt über acht Schmelztiegel. Die dabei entstehenden Dämpfe werden abgefangen, aus ihnen wird das Bernsteinöl und die Bernsteinsäure gewonnen. Letztere ist recht kostspielig und dient im wesentlichen dazu, die verschiedenen Farben auf den Kleiderstoffen aufzutragen. Der geschmolzene Bernstein selbst heißt Kolophonium und liefert für die Firnis- und Lackbereitung wichtiges Material. Bernstein schmilzt bei 400 Grad.
Zu meinem Entsetzen sehe ich eben, daß meine Exkursion über die Exkursion etwas zu ausführlich geworden ist. Daher eile ich zum Angenehmsten: nach vierstündigem Herumwandern ging’s endlich durch den wundervollen Park ins Schloßhotel, und während die Bergmannskapelle in ihrer schmucken Tracht muntere Weisen erschallen ließ, labten wir den müden Körper … [1]

Weblinks

Offizielle Webseiten

Genealogische Webseiten

Zufallsfunde

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Die Datenbank FOKO sammelte und ermöglichte Forscherkontakte. Seit Frühjahr 2018 ist der direkte Zugriff durch automatisierte Abfrage nicht mehr möglich.


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Daten aus dem Geschichtlichen Ortsverzeichnis

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  1. Verfasser: -spitz- (ubekannt), Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 25.5.1913, Ausgabe 239, S. 9, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz